Friedenseiche

Standort und Beschreibung

Wiesenfeldstraße, Koordinaten 50° 7′ 6,7″ N, 8° 34′ 5,9″ O
Gepflanzt wurde die Stiel-Eiche (Quercus species) mit der Baumnummer N15 1871 am Wiesenfeldweg im Süden Sossenheims, zwischen der Wohnbebauung und den Kleingärten. Ihr mit geschützter Umkreis beträgt 20 Meter. 2021 wurde das Naturdenkmal 150 Jahre alt.
Die Stieleiche ist die in Mitteleuropa am weitesten verbreitete Eichenart. Sie ist ein 20 bis 20 Meter hoher Baum und erreicht einen Stammumfang bis drei Meter, im Freistand bis zu 8 Meter. Ihr Höchstalter liegt bei 500 bis 1000 Jahre, in Ausnahmefällen bis zu 1400 Jahren. Deutschlandweit sind 30% der Bäume, die das Alter von über 500 Jahren erreichen, Stieleichen.

Die Sossenheimer Friedenseiche ist heute 18 m hoch und hat einen Stammumfang von 4,60 m. 1970 wurde die Eiche durch einen Blitzeinschlag stark beschädigt. Durch eine Spezialbehandlung eines Baumspezialisten aus Nürnberg erhielt die Eiche eine neue Haut an der Stelle der abgefallenen Borke. 1985 berichtet das Sossenheimer Wochenblatt vom "Brand an der Friedenseiche", ausgelöst durch einen Dummen-Jungen-Streich. 

Es gib nur noch rund 15 Naturdenkmale in Frankfurt, davon heute nur noch eins von früher drei in Sossenheim. Dieses Siegel tragen vor allem Bäume wegen ihres hohen Alters oder ihrer Bedeutung für den Artenschutz. Zuständig für den Schutz des Naturdenkmals ist die "Untere Naturschutzbehörde".

Die Geschichte

Wie kam es zum Krieg?
Der französische Kaiser Napoleon III. hatte im Streit um die spanische Thronkandidatur am 19.07.1870  Preußen den Krieg erklärt. Schon im Spätsommer 1870 waren große Teile der französischen Armee besiegt worden. In der Schlacht von Sedan geriet Napoleon III. am 2. September in Gefangenschaft. Erfolglos versuchte die gegründete Dritte Französische Republik den blutigen Krieg mit frischen Truppen und mit einem "Guerillakrieg" der "Franctireurs", irregulär in Zivil auftretende Franzosen, fortzusetzen.
Am 10.05.1871 wurde der Frieden von Frankfurt geschlossen, der den am 26. Februar in Versailles geschlossenen Vorfrieden bestätigte. Heute erinnert eine Gedenktafel an das 1944 zerstörte Hotel Schwan im Steinweg, in dem der "Frankfurter Frieden" von Otto von Bismarck und Jules Favre unterzeichnet wurde. Frankreich musste hohe Reparationszahlungen leisten und insbesondere die Gebiete Elsass und Lothringen an Deutschland abtreten.

Von den 31 jungen Sossenheimern, die in den Krieg gezogen waren, kehrten 3 nicht zurück:
Peter Kinkel, Johannes Baldes und Johann Moos.

Ihnen zu Gedenken, aber auch zur Feier des Sieges über Frankreich, wurde 1871 am Dorfrand von Sossenheim eine Eiche gepflanzt. Sie ist kulturhistorisch bedeutsam. Dabei war die Eiche, dem Zeitgeist entsprechend, anfangs eine "Gedächtnis-Eiche". Im Volksmund wurde sie, wie auch später in der Sossenheimer Zeitung, Friedenseiche genannt.

Dort, wo die Friedenseiche steht, befand sich früher der Dorfrand von Sossenheim. Bis um 1800 war der Ort zu seinem Schutz von einem Haingraben umschlossen (Ein "Haingraben" ist ein Zaun- und Heckengeflecht mit einem Graben).

Der 1873 gegründete Sossenheimer Kriegerverein, der seinen Ursprung im Deutsch-französischen Krieg 1870/1871 hat, zog jährlich mit seinen Mitgliedern und dem Spielmannszug, zur Feier an die Friedenseiche.
Er pflegte neben der Friedenseiche auch die Veteranengräber, zuerst auf dem 1. Sossenheimer Friedhof neben der Michaelskirche und dann auf dem neuen Friedhof in der Siegener Straße.

Am 29.05.1913 hat der 1906 gegründete Sossenheimer Verschönerungsverein eine Ruhebank an der Friedenseiche im Unterhain aufgestellt. Dazu schrieb die Sossenheimer Zeitung am 1. Juni 1907: "Hauptsächlich von Kranken und Rekonvaleszenten ist dieses Projekt mit Freuden begrüßt worden, welche diese Bänke nutzen, um auf denselben Ruhe und frische Luft zur Erholung zu finden".
Diesem bedeutenden Verein mit über 100 Mitgliedern gehörten die Bürgermeister Jakob Kinkel V. und Nikolaus Brum, Dr. med. Matthias Link Arzt und Sanitätsrat sowie Gemeinde- und Schularzt, der Katholische Pfarrer Johann Thome und viele andere Sossenheimer Persönlichkeiten an.

Anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Eiche wurde in Sossenheim 1971 ein großes Friedensfest gefeiert und am Fuß des Baumes eine Steintafel eingelassen. Sie trägt die Inschrift:

Friedenseiche 1871-1971
Wir alle tragen Verantwortung für den Frieden in der Welt

Die Feier zum 100.sten hatte der Vereinsring Sossenheim organisiert. Gefeiert wurde mit Musik und Tanz "unterm Jubilar", der Eiche.
Über die Hundertjahrfeier schreibt Boris Stumpf, ein Freizeit Blogger aus Frankfurt, auf seiner Homepage:
"Ein Europagedanke - Die Friedenseiche in Sossenheim - Heute erlebt der Baum den EU-Sondergipfel zum 60. Jahrestag der Römische Verträge, die den Beginn der Europäischen Gemeinschaft (von EWG über EG bis zur EU) markieren."
Für ihn, der sich an die 100-Jahrfeier als 11-jähriger Grundschüler erinnert, lebt mit der Friedenseiche der Gedanke an ein geeintes, offenes und offenherziges Europa ohne innere Grenzen weiter.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung zeigte in einem Artikel 1996 den mit einer Bergsteigersicherung in 5 Metern Höhe sitzenden den Immobilienkaufmann, FDP-Politiker und Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Ignatz Bubis, Zeitung lesend und bemerkend: "Endlich sitze ich auf einem Ast, an dem nicht gesägt wird".

Im weiteren Verlauf, bis ungefähr Ende der 90er- Jahre feierte die SPD-Sossenheim das Friedensfest unter der Eiche, wie es Chlodwig Poth 1993 in seinem Buch "Last Exit Sossenheim" karikierte.

2021 verlegte die SPD-Sossenheim eine weitere Steintafel mit der Inschrift eines Zitates von Willy Brandt:

Friedenseiche 1871 - 2021
Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne Frieden nichts.

Im September 2021 stellte der Heimat- und Geschichtsverein ein Schlaglicht auf die Geschichte der Eiche auf.